Wohin mit dem Gepäck?

Bikepacking ist ein sehr dehnbarer Begriff. Angefangen beim „Kreditkarten-Tour-Rennradler“ mit minimalem Gepäck bis hin zu expeditionsähnlichen Unternehmungen nennt sich vieles „Bikepacking“. Die Anforderungen an die Bikes und die Gepäckverstauung sind dementsprechend divers. Ein paar Gedanken zu den klassischen Settings möchte ich mir hier machen.

Ultralight-Bikepacking mit Fullsuspension Bike (bis etwa eine Woche)

Transalp-Touren haben in den Alpen eine lange Tradition. Bepackt mit einem Rucksack geht es per Mountainbike über anspruchsvolle Trails über die Alpen. Übernachtet wurde dabei bis anhin meist in Pensionen und Hotels. Seit dem Aufkommen des Bikepacking-Trends und der damit entstandenen Ultralight-Ausrüstung wird auch die Biwak-Version eine neue Option. Die Alpen sind so stark besiedelt, dass man bei einem Schlechtwettereinbruch oder einem Defekt meist in absehbarer Zeit die Zivilisation erreicht. Man muss also nicht zwingend für jede erdenkliche Situation gerüstet sein. Voraussetzung um richtig leicht unterwegs zu sein ist vernünftiges Wetter und regelmässige Einkaufsmöglichkeiten. Ist dies gegeben, sind Mehrtagestouren auch mit weniger als 4.5kg Basisgewicht machbar.

Dieses Setup beinhaltet lediglich ein leichtes Tarp gegen Tau-Nässe und einen leichten Schlafsack/Matte. Auf einen Kocher kann ggf. verzichtet werden, wenn man einmal am Tag in einem Restaurant richtig essen kann.

Eine so minimalistische Ausrüstung hat gut in einem 25l Rucksack und einem kleinen Framebag Platz. Mit so leichtem Gepäck werden dann auch lange Tragestücke und anspruchsvolle Trailabfahrten möglich.

 

Bikepacking mit Fullsuspension Bike (bis etwa einen Monat)

Bei längeren Unternehmungen ist die Mitnahme von einem Zelt oft sinnvoll. Unser Zweipersonen Zelt von Nemo wiegt etwa 1050g und bietet Schutz vor Regen, Kälte und Mücken. Gut investiertes Gewicht möchte ich meinen.
Bei längeren Unternehmungen ist das Wetter schlechter voraussehbar und es sollte etwas grosszügiger geplant werden. D.h. richtiges Zelt, Regenhosen, wärmere Kleider, Kochset, etc. Das bedeutet mehr Gepäck, aber aus unserer Erfahrung passt es weiterhin in einen 25l Rucksack, eine Frontroll und kleinen Framebag. Seatpacks benutze ich bei anspruchsvollen Biketouren nie. Mich persönlich stören sie bei anspruchsvollen Abfahrten zu stark. Zudem bieten die wenigsten Fullsuspensionbikes mit Dropper-Post genug Platz für ein richtiges Seatpack.

 

Bikepacking mit Rennrad / Gravelbike

Mit dem Rennrad lassen sich schöne Mehrtagestouren unternehmen. Meist kann man relativ leicht unterwegs sein, da die Zivilisation bei Touren auf Asphaltstrassen selten weit weg ist.

Ein grosser „Platzfresser“ sind zusätzliche Schuhe für den Abend. Die nehmen viel Platz in Anspruch und sind eigentlich unnötiger Ballast. Ich bin daher dazu übergegangen bei Rennradtouren auf das SPD-System zu wechseln und habe mir ein paar schlichte Veloschuhe gekauft, die auch am Abend eine Falle machen.
Bei Schuhen mit dem Look-System wird jede Laufstrecke zur Qual und man kommt fast nicht um ein Paar andere Schuhe herum.

Ein weiterer Tipp ist die Mitnahme von einem kleinen Ultralight-Rucksack. Solche Rücksäcke sind extrem kompakt und wiegen nur etwa 45g. Sie eignen sich perfekt um den Einkauf vom Supermarkt oder Wasserreserven noch bis zum Campingplatz zu transportieren, für die Stadtbesichtigung, etc.

Beim Rennrad ist ein grosses Seatpack die Tasche der Wahl. An den klassischen Rennradlenkern ist nur wenig Platz für eine Frontroll, dafür ist oft ein grosses Rahmendreieck für einen Fullframebag vorhanden.

 

Langzeit-Bikepacking abseits von Asphalt (Wochen bis Monate)

Bei mehrmonatigen Unternehmungen wird man sehr wahrscheinlich mehrere Klimazonen durchfahren und ist z.B. im Himalaya oder den Anden auf eine 4-Saison Campingausrüstung angewiesen. Diese ist entsprechend schwer und voluminöser.

Ich selber setze bei solchen Unternehmungen zwar gerne weiterhin auf ein leichtes Setup, nutze aber ab einer gewissen Gepäckmenge gerne wieder einen Gepäckträger und klassische (kleine) Panniers. Und zwar mit einem Gepäckträger über dem Hinterrad.
Im Gegensatz zu der „Tetris-Bepackung“ mit 7 verschiedenen Mini-Täschchen hat man bei Panniers schnell Zugriff auf sein Gepäck und kann die Taschen nach Grosseinkäufen auch mal etwas überladen…
Den Trend viel Gepäck an einem Frontgepäckträger zu befestigen kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Das Fahrverhalten vom Velo leidet da bestimmt stärker, als wenn das Gewicht über dem Hinterrad platziert ist.
Wenn man dann noch eine geräumige Rahmentasche und eine grosse Frontroll hat, ist man gut gerüstet. Für Wertsachen, Dokumente und Kamera empfehle ich eine Umhängetasche (z.B. Revelate Egress), die während dem Fahren auf die Frontroll/an den Lenker geclippt werden kann. So hat man seine Wertsachen stehts bei sich. Für empfindliche Fotokameras kann ein kleiner Hipbag eine (vibrationsarme) Transportmöglichkeit sein.